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COVID-19 Reiserücktritt

Montag, März 23, 2020

Aufgrund der COVID-19 Pandemie stellen sich einige rechtliche Fragen bezüglich bereits gebuchter Reisen.

Eine häufig gestellte Frage lautet: “Wie kann ich von der gebuchten Reise kostenlos zurücktreten?“

Mit heutigem Stand (23. März 2020) können wir Sie wie folgt informieren:

Für die rechtlich korrekte Vorgangsweise bei einem Reiserücktritt muss man Folgendes beachten bzw. differenzieren:

  • handelt es sich um eine Pauschal- oder Individualreise?
  • wann und wohin geht die Reise?

Pauschalreise:

Eine Pauschalreise nach dem Pauschalreisegesetz (PRG) liegt dann vor, wenn mehrere Reiseleistungen (zumindest zwei) von einem Anbieter kombiniert werden, zB Unterkunft, Flug, Transfer, Mietwagen, Ausflüge, etc. Der Reiseveranstalter trägt dabei die Gesamtverantwortung.

Man kann als Reisender vor Beginn der Pauschalreise jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurücktreten (§ 10 Abs 1 PRG). Der Reiseveranstalter kann aber vertraglich eine Entschädigungspauschale (Stornogebühr) festlegen. Je kürzer vor Antritt der Reise storniert wird, desto höhere Stornokosten entstehen.

  • Unmittelbar bevorstehende Abreise:

Nach § 10 Abs 2 PRG besteht die Möglichkeit kostenlos vom Pauschalreisevertrag zurück zu treten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

Voraussetzungen für einen kostenlosen Reiserücktritt nach § 10 Abs 2 PRG sind:

  • die Reise wurde vor Bekanntwerden des unvermeidbaren oder außergewöhnlichen Umstandes gebucht
  • unmittelbarer Reiseantritt (rd. 1 Woche vorher)
  • im Reiseziel oder in dessen unmittelbarer Nähe treten unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auf und führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Durchführung der Reise (zB Kriegshandlungen, Terrorismus, Naturkatastrophen und der Ausbruch einer ansteckenden Krankheit zB: COVID-19, Reisewarnung)

Eine Reisewarnung seitens des Außenministeriums ist nicht zwingend notwendig!

Der OGH hat dazu ausgesprochen, dass eine kostenlose Stornierung auch ohne Reisewarnung möglich ist, wenn durch seriöse Medienberichte eine Gefahr gesehen wird, bei der ein durchschnittlicher Reisender die Reise nicht antreten würde (1Ob 257/01b).

  • Exkurs: Man darf in ein Land einreisen, muss aber dort sofort in mehrtägige Quarantäne

In diesem Fall kommt es zu einer erheblichen Änderung (§ 9 PRG) der Pauschalreise. Erheblich sind jedenfalls Änderungen wesentlicher Eigenschaften der Reise, die dem Reisenden beträchtliche Unannehmlichkeiten verschaffen.

Unseres Erachtens ist eine mehrtägige Quarantäne eine solche erhebliche Änderung und ist ein kostenloser Reiserücktritt daher möglich.

  • Die Abreise findet zu einem späteren Zeitpunkt statt:

Die Judikatur hat mehrfach betont, dass den Reisenden ein kostenfreies Rücktrittsrecht nur dann

zu steht, wenn die Abreise unmittelbar bevorsteht. Es wird geraten den weiteren Verlauf der Lage zu beobachten und je nach Entwicklung später kostenlos zurück zu treten.

  • Reiseveranstalter ändert wesentliche Reiseleistungen (zB Reiseroute):

Sollte der Reiseveranstalter aufgrund der derzeitigen Situation in einigen Ländern (zB Reisewarnungen) seine Route ändern und durch diese Reiseroute fallen Teile weg, die wesentlicher Bestandteil der Reise geworden wären, so kann der Reisende auch in diesem Fall kostenlos von der Reise zurücktreten (§ 9 Abs 2 PRG).

Individualreise:

Individualreisende (dh es wurde ein Hotel oder ein Flug einzeln gebucht) haben nur unter eingeschränkten Voraussetzungen das Recht kostenlos von der jeweiligen Buchung zurückzutreten.

Dabei ist in der Regel die Rechtslage des Landes zu beurteilen, in dem der Sitz des Hotels etc. ist.

  • Unmittelbar bevorstehende Abreise:

Sollte österreichisches Recht anwendbar sein, besteht die Möglichkeit kostenlos vom Vertrag zurück zu treten, wenn die „Geschäftsgrundlage weggefallen ist“.

Dies liegt nach der Judikatur dann vor, wenn die Reise für einen durchschnittlichen Reisenden plötzlich unzumutbar gefährlich ist. Dazu zählt bspw eine Reisewarnung durch das Außenministerium sowie uE eine bevorstehende Quarantäne im Reiseziel.

  • Die Abreise findet zu einem späteren Zeitpunkt statt:

Bei einer späteren Abreise fehlt es wie bei Pauschalreisen an der „Unmittelbarkeit“ der Reise, um ein etwaiges Rücktrittsrecht in Anspruch zu nehmen.

Nur aufgrund der aktuellen Situation nicht anreisen zu wollen begründet daher noch keinen kostenlosen Rücktritt.

Bei Rückfragen oder einer Geltendmachung von etwaigen bereits bezahlten Reisekosten stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

 

Ansprechpartner:
Johanna Reinisch
Andreas Wendelin Spörl