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EuGH verpflichtet Internetsuchmaschinen zur Löschung „sensibler“ Daten
Der EuGH war im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahrens mit der Klärung der Frage betraut worden, ob und inwiefern „private“ Suchergebnisse bei Internetsuchmaschinen gelöscht werden müssen. Der zugrundeliegende Sachverhalt beinhaltet die Klage eines Spaniers gegenüber Google auf Löschung von Einträgen in deren Trefferliste, die bei Eingabe des Namens des Betroffenen angezeigt wurden. Im vorliegenden Fall handelte es sich konkret um einen online abrufbaren Zeitungsartikel aus dem Jahr 1998, der Informationen über die Pfändung eines Grundstückes des Betroffenen beinhaltete. Aufgrund dessen, dass allfällige Verfahren hinsichtlich der Grundstückspfändung bereits erledigt waren, stellte der Spanier den Antrag der Löschung bei der zuständigen spanischen Datenschutzkontrollstelle. Google hat in weiterer Folge gegen die stattgebende Entscheidung der Datenschutzkontrollstelle geklagt, was wiederum zum gegenständlichen Vorabentscheidungsersuchen führte.
Mit Urteil vom 13. Mai 2014 stellte der EuGH zu C-131/12 fest, dass der Betreiber einer Internetsuchmaschine bei „personenbezogenen Daten, die auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten erscheinen“[1], für die von ihm vorgenommene „Verarbeitung personenbezogener Daten“ im Sinne des Artikel 2 lit b der Datenschutz-Richtlinie RL 95/46/EG verantwortlich sei.
Zur Klärung der (räumlichen) Anwendbarkeit der Richtlinie auf den konkreten Sachverhalt, erklärte der EuGH, dass Google in Spanien eine Niederlassung gegründet hat und dementsprechend Personen der in der Datenschutz-Richtlinie festgeschriebene Anspruch auf Löschung von Suchergebnissen, die personenbezogene Daten betreffen, zustehe. Dieser Anspruch auf Löschung erfährt lediglich bei Vorliegen eines überwiegenden Interesses der Öffentlichkeit an der Information eine Einschränkung.
Im Lichte der Datenschutzbestimmungen war nach Ansicht des EuGH festzuhalten, dass der Betreiber einer Suchmaschine durch die Art und Weise der automatischen, kontinuierlichen und systematischen Aufspürung von veröffentlichten Informationen im Internet, eine „Erhebung“ von Daten vornehme. Diese erhobenen Daten werden in weiterer Folge „gespeichert“, „ausgelesen“ und „organisiert“, um auf den Servern „aufbewahrt“ und in Form von Ergebnislisten (Trefferlisten) den Nutzern „bereitgestellt“ und „weitergegeben“ zu werden. Der EuGH führt zu dieser Verarbeitung personenbezogener Daten wie folgt aus:
„Da die Tätigkeit einer Suchmaschine zusätzlich zu der der Herausgeber von Websites erfolgt und die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten durch sie erheblich beeinträchtigt werden können, hat der Suchmaschinenbetreiber in seinem Verantwortungsbereich im Rahmen seiner Befugnisse und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass seine Tätigkeit den Anforderungen der Richtlinie entspricht.“[2]
Der Europäische Gerichtshof hielt nunmehr fest, dass hinsichtlich des Umfanges der Verantwortlichkeit des Suchmaschinenbetreibers unter bestimmten Voraussetzungen die Verpflichtung besteht,
„von der Ergebnisliste, die im Anschluss an eine anhand des Namens einer Person durchgeführte Suche angezeigt wird, Links zu von Dritten veröffentlichten Internetseiten mit Informationen über diese Person zu entfernen.“[3]
Diese Verpflichtung bestehe auch, wenn die Veröffentlichung – des betreffenden Namens oder der betreffenden Informationen auf den Internetseiten – als solche rechtmäßig sei.
Im Zusammenhang mit der eingangs erwähnten „Verarbeitung personenbezogener Daten“ weist der EuGH darauf hin,
„dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die von einem solchen Suchmaschinenbetreiber vorgenommen wird, es jedem Internetnutzer ermöglicht, bei Durchführung einer Suche anhand des Namens einer natürlichen Person mit der Ergebnisliste einen strukturierten Überblick über die zu ihr im Internet verfügbaren Informationen zu erhalten.“[4]
Ohne Zuhilfenahme der Suchmaschine an sich, wäre das Ordnen und Verknüpfen der zahlreichen – vor allem auch das Privatleben betreffenden – Informationen nur sehr schwer möglich. Ein solcher Eingriff in die Privatsphäre kann nach Ansicht des Gerichtshofes nicht allein mit wirtschaftlichen Aspekten des Suchmaschinenbetreibers gerechtfertigt werden.
Der Europäische Gerichtshof beantwortete die Frage nach dem Anspruch auf Löschung von Links zu Internetseiten aus einer Ergebnisliste in der Form, dass
„die in der Ergebnisliste enthaltenen Informationen und Links gelöscht werden müssen, wenn auf Antrag der betroffenen Person festgestellt wird, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Einbeziehung der Links in die Ergebnisliste nicht mit der Richtlinie vereinbar ist.“[5]
Dem Anspruch auf Löschung von Internetseiten aus der Ergebnisliste, die entsprechende Informationen enthalten, steht lediglich ein überwiegendes Interesse der breiten Öffentlichkeit am Zugang zu diesen Informationen entgegen.
„Eine Person kann sich daher, wenn bei einer anhand ihres Namens durchgeführten Suche in der Ergebnisliste ein Link zu einer Internetseite mit Informationen über sie angezeigt wird, unmittelbar an den Suchmaschinenbetreiber wenden, um unter bestimmten Voraussetzungen die Entfernung des Links aus der Ergebnisliste zu erwirken, oder, wenn dieser ihrem Antrag nicht entspricht, an die zuständigen Stellen.“[6]
Abschließend ist daher festzuhalten, dass sich die betroffene Person unabhängig von der Zulässigkeit der Veröffentlichung der Daten auf einer Internetseite, direkt an den Betreiber der Suchmaschine bzw dessen inländische Niederlassungen wenden kann, um mögliche Suchergebnisse löschen zu lassen. Aufgrund des Umstandes, dass der Suchmaschinenbetreiber Google auch in Österreich eine Niederlassung hat, besteht ebenfalls die Möglichkeit der Klage auf Löschung von die Privatsphäre verletzenden Suchergebnissen.
[1] Gerichtshof der Europäischen Union, Pressemitteilung Nr 70/14 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-131/12; Seite 1
[2] Gerichtshof der Europäischen Union, Pressemitteilung Nr 70/14 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-131/12; Seite 2
[3] Gerichtshof der Europäischen Union, Pressemitteilung Nr 70/14 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-131/12; Seite 2
[4] Gerichtshof der Europäischen Union, Pressemitteilung Nr 70/14 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-131/12; Seite 2
[5] Gerichtshof der Europäischen Union, Pressemitteilung Nr 70/14 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-131/12; Seite 3
[6] Gerichtshof der Europäischen Union, Pressemitteilung Nr 70/14 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-131/12; Seite 1