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OGH räumt mit Formalismen auf und erklärt Bürgschaft per Fax für gültig

Dienstag, Oktober 8, 2013

Der Oberste Gerichtshof stellte in seiner jüngsten Entscheidung zu 9 Ob 41/12p fest, dass eine Bürgschaftserklärung per Fax gültig ist. In diesem Fall handelt es sich um eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung und dementsprechend um neue Judikatur von Seiten des Obersten Gerichtshofes.

Eine Bürgschaft, das ist ein Vertrag zwischen Gläubiger und Bürgen, in dem sich der Bürge verpflichtet, den Gläubiger zu befriedigen, wenn der Schuldner nicht zahlt, ist gemäß
§ 1346 Abs 2 ABGB nur gültig, wenn „die Verpflichtungserklärung des Bürgen schriftlich abgegeben wird“. Das Gebot der Schriftlichkeit dient dem Schutz des Bürgen vor Abgabe einer übereilten Erklärung.

In der Lehre ist die Frage strittig und gehen die Meinungen auseinander, ob eine Bürgschaftserklärung per Fax dem Schriftlichkeitserfordernis genügt oder nicht.

In der Rechtsprechung wurde ursprünglich die Frage, ob eine per (Tele-)Fax abgegebene Bürgschaftserklärung dem Schriftformgebot des § 1346 Abs 2 ABGB genügt, in der Entscheidung zu 1 Ob 515/95 verneint. Diese Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde von Teilen der Lehre kritisiert und erfuhr in oben bezeichneter jüngster Entscheidung einen Wandel.

Nähere Betrachtung verdient der Umstand der Wahrung der Schriftform gemäß § 1346 Abs 2 ABGB, welcher sich einerseits in Form der „Schriftlichkeit“, als auch andererseits des „Abgebens“ der Bürgschaftserklärung durch den Bürgen konkretisiert. Diesbezüglich der Oberste Gerichtshof:

„Ob die Abgabe der Bürgschaftserklärung zwingend mit der Entäußerung des Originals der Urkunde zu verbinden ist oder auch per Fax erfolgen kann, ist nach dem Zweck des Formgebots danach zu beurteilen, ob die Faxübermittlung eine mit der Übergabe/Versendung des Originals gleichwertige Warnung des Bürgen bewirkt.“

Einen wesentlichen Aspekt stellt also jedenfalls die Übermittlung dar. Ähnlich wie beim Übermitteln eines Briefes, verlässt auch beim Faxen die Bürgschaftserklärung den Machtbereich des Bürgen. Dies führt laut dem Obersten Gerichtshof dazu, dass

„[…] eine schriftliche, dh eigenhändig vom Bürgen unterschriebene Verpflichtungserklärung auch mit der Übermittlungsform eines Telefax iSd § 1346 Abs 2 ABGB formwirksam „abgegeben“ werden kann.“

Der verfolgte Zweck der genannten Bestimmung besteht darin, dass der Bürge die Bürgschaftserklärung nicht übereilt abgibt. Unterschreibt der Bürge seine Erklärung eigenhändig und übermittelt die unterschriebene Bürgschaftserklärung mittels Fax, ist dem Gebot der Schriftlichkeit insofern entsprochen, da ebenfalls der Schutz vor einer übereilten Erklärung gegeben ist.

Zusammenfassend erfüllt damit eine vom Bürgen eigenhändig unterschriebene Bürgschaftserklärung, die er dem Gläubiger per Telefax übermittelt, die Voraussetzungen des Formgebots des
§ 1346 Abs 2 ABGB.

Der Rechtsprechung ist jedenfalls zuzustimmen, weil die vorherige Judikatur nicht zu klären vermochte, wieso die Übertragungsform (Fax/Post) auf das einzig relevante Kriterium der Ernsthaftigkeit der Willenserklärung einen Einfluss haben soll.