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Neue Rechtsprechung zum Verbraucherrecht

Donnerstag, August 20, 2015

Die obersten Gerichte trafen in den vergangenen Monaten wichtige Entscheidungen betreffend die Anwendung und Auslegung des Verbraucherrechts.

In der Entscheidung 1Ob37/14v zum Unterlassungsanspruch des  § 28a KSchG erklärt der Oberste Gerichtshof, dass der § 28a keine auch nur beispielhafte Aufzählung jener gesetzlichen Gebote und Verbote enthält, deren Verletzung eben jenen Unterlassungsanspruch auslösen kann. Infrage kommt so etwa auch  § 859 ABGB, wonach das österreichische Recht keine abstrakten Forderungen kennt. Der Unterlassungsanspruch gemäß   § 28a KSchG dringt auch dann durch, wenn die inkriminierte Geschäftspraktik auf einer vertretbaren Rechtsauffassung beruht. Im gegenständlichen Verfahren wurde ausgesprochen, dass eine über Unterlassungsklage zu verbietende systematische gehandhabte Geschäftspraxis vorliegt, wenn Konsumenten als ehemaligen Partnern eines Vermögensverwaltungsvertrags durch Vorschiebung nicht tauglicher Rechtsgründe zur Zahlung jener Beträge veranlasst werden, die in einer rechtskräftig als intransparent erkannten Klausel ihrer AGB festgelegt waren. Bei einer solchen systematischen Umgehung eines rechtskräftigen Verbotes kann dem Unternehmer keine vertretbare Rechtsansicht zugebilligt werden. Die Quintessenz ist somit, dass bei einer verbotenen Klausel der verhinderte Erfolg auch nicht mittels ergänzender Vertragsauslegung erreicht werden kann.

 

Die besonders für den Verbraucher und dessen Rechtdurchsetzung als Kläger relevante Entscheidung 3Ob96/14k fasste der OGH am 18.Dezember 2014. In Bezug auf die Behauptungs- und Beweislast gilt, dass derjenige, der den mit einer Verbrauchereigenschaft verbundenen Schutz für sich in Anspruch nehmen will, die für ihn günstigen tatsächlichen Voraussetzungen beweisen muss. Er muss insbesondere dartun, dass er Verbraucher und sein Gegenüber Unternehmer ist und dass das Geschäft zu dessen Unternehmensbetrieb gehört. Auch in Bezug auf die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Vertrag nach § 3 Abs 1 und 2 KSchG trifft den Verbraucher die Behauptungs- und Beweislast.

§ 3 Abs 1 KSchG ermöglicht den Rücktritt von Vertragserklärungen, die ein Verbraucher außerhalb der vom Unternehmer für dessen geschäftliche Zwecke ständig benützten Geschäftsräume abgegeben hat. Der Abs 2 KSchG lässt zugunsten des Verbrauchers den Rücktritt von Vertragserklärungen zu, die er in vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke benützten Räumen abgegeben hat, sofern er dorthin befördert worden ist. Zusammenfassend ist daher zu sagen, dass gerade im Oppositionsverfahren an die Beweis- und Behauptungspflichten des Klägers hohe Anforderungen zu stellen sind, jede Ungereimtheit wird zu Lasten des Klägers ausgelegt. 

 

In seiner Entscheidung 7Ob53/14s formulierte der OGH einerseits neue Leitsätze und bestätigte andererseits einige bereits bestehende Rechtssätze zum Verbraucherrecht. Neben der Beurteilung der Gesetzwidrigkeit von vier AGB Klauseln erklärte der OGH, dass nicht die Gliederung des Klauselwerks ein maßgeblicher Faktor für die Einordnung einer allfälligen Eigenständigkeit einer Klausel ist, vielmehr ist darauf zu achten ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Sind die jeweiligen Bestimmungen isoliert voneinander wahrnehmbar, ist ihre Eigenständigkeit zu bejahen. Bei der Ermittlung der Nachteiligkeit einer Vereinbarung sind die davon ausgehenden Vor- und Nachteile zu saldieren. Etwaige Abweichungen zulasten des Verbrauchers können durch eine Gewährung eines Vorteils ausgeglichen werden. Ob sich die Vor- und Nachteile zumindest die Waage halten, ist objektiv ex ante zu beurteilen. Bei Vereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist dabei ein überindividuell-generalisierender Maßstab anzulegen. Zweifel bei der Bewertung der Vor- und Nachteile gehen zu Lasten des Versicherers. Ebenso betont einer der gefassten Rechtssätze in obiger Sache, dass eine geltungserhaltende Reduktion nicht ausgehandelter missbräuchlicher Klauseln im Individualprozess über ein Verbrauchergeschäft nicht mehr in Frage kommt aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Der OGH schließt, dass aus dem Transparenzgebot eine Pflicht zur Vollständigkeit folgen kann, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Kunden andernfalls unklar bleiben. Eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die der Kunde der Übermittlung "alle(r) im Zusammenhang mit der Eröffnung und Führung des Kontos (Depots) stehenden Daten an eine zentrale Evidenzstelle und/oder an Gemeinschaftseinrichtungen von Kreditunternehmungen" zustimmt, ist intransparent, weil sie die Tragweite der Einwilligung nicht erkennen lässt.

 

Die Frage einer möglichen Sanierung unwirksamer Klauseln durch den Wechsel von der Verbraucher-  zur Unternehmerposition behandelt das Urteil vom 21.01.2015, 3Ob186/14w. Drei Leitsätze wurden im vorliegenden Urteil gefasst welches einen Klauseln eines Franchisevertrages und drei nachfolgende Nachträge behandelt. Wie bereits ausreichend judiziert ist von der Nichtigkeit einer Klausel in einem Verbrauchervertrag auszugehen sofern sie nach KSchG gesetzwidrig ist. Wir der Verbraucher aber in Folge zum Unternehmer und werden zu einem späteren Zeitpunkt einige Punkte des Vertrages geändert so ist auch weiterhin von der Nichtigkeit auszugehen, wenn die Parteien nicht in Kenntnis der Nichtigkeit eine konstitutive Bestätigung der nichtigen Klausel getätigt haben. Rein deklaratorische Akte oder floskelhafte Formulierungen genügen in diesem Fall den Anforderungen einer solchen Bestätigung nicht, vielmehr bedarf es einer ausdrücklichen, eindeutigen Willenserklärung zur Inkraftsetzung. Dies gilt insbesondere bei drohender einseitiger Verschlechterung der Position einer Partei. Für die Auslegung einer Erklärung kommt es auf das Verständnis an, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen durfte. Für die Interpretation eines Verhaltens ist maßgeblich, welche Umstände aus der Sicht des Empfängers auf welche Erklärungsbedeutung schließen lassen. Es ist idR nicht zu vermuten, dass eine Vertragspartei während des laufenden Vertragsverhältnisses ihre Stellung grundlos verschlechtern will.

 

Ein Urteil des EuGH, C-143/13, befasst sich mit ergänzender Auslegung des Verbraucherrechts im Lichte des Europarechts. Das Vorabentscheidungsersuchen forcierte die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Der Europäische Gerichtshof erklärt daraufhin im seinem Urteil, dass das Transparenzgebot der Art 4 Abs 2 und Art 5 der Richtlinie dieselbe Tragweite besitzen. Es kommt nicht auf deren bloße Verständlichkeit in formeller und grammatikalischer Hinsicht an. Für die Einhaltung des Transparenzerfordernisses ist von wesentlicher Bedeutung, ob der Vertrag die Gründe und die Besonderheiten des Mechanismus zur Änderung des Zinssatzes und das Verhältnis zwischen dieser Klausel und anderen Klauseln über das Entgelt so transparent darstellt, dass ein informierter Verbraucher die sich daraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien absehen kann. In die Beobachtung einzubeziehen sind vor allem Werbung und die Informationen, welche im Rahmen Vertragsverhandlungen unterbreitet wurden. Die Prüfung des Gerichts hat unter Berücksichtigung des Aufmerksamkeitsgrads zu erfolgen, der von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher erwartet werden kann.

 

Ein weiteres EuGH Urteil, C-188/13 UPC Mayarország, behandelt die Thematik der Falschauskunft und ihre Unterordnung als Irreführenden Geschäftspraxis welches besondere Relevanz im Bereich der Kundendienste hat. Nach einer falschen Auskunft durch den Kundendienst eines ungarischen Kabelt-TV Providers entstanden dem betroffenen Verbraucher Mehrkosten. Der EuGH sprach nunmehr aus, dass eine falsche Auskunft durch einen Gewerbetreibenden gegenüber einem Verbraucher als irreführende Geschäftspraxis iSd Art 2 lit d UGP-RL anzusehen ist selbst wenn die Falschauskunft nur an einen einzelnen Verbraucher gerichtet war. Es wird weder Augenmerk auf die Häufigkeit des Verhaltens, einen möglichen Vorsatz des Unternehmers, gelegt noch auf die Anzahl der betroffenen Verbraucher selbst.  Des Weiteren wird festgehalten, dass bei Erfüllen aller Voraussetzungen einer irreführenden Geschäftspraxis die Prüfung, ob die Praktiken den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt ebenso widersprechen, entfallen kann.

 

 

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