News

Lugger | Bankler Rechtsanwälte gewinnen erneut Fall vor dem Obersten Gerichtshof

Mittwoch, Juni 26, 2013

In der Entscheidung GZ 6 Ob 14/13x hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass auch ein einmaliger Anruf als ein „Ausrichten“ einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit auf einen anderen Mitgliedsstaat im Sinne des Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO zu bewerten ist. Der Grundsatzentscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte, welcher von Lugger | Bankler Rechtsanwälte vertreten wurde, hat seinen Wohnsitz in den Niederlanden. Im Jahre 2008 erbte der Beklagte ein Anwesen in Oberösterreich.

Die klagende GmbH agiert als Franchiseunternehmen im Immobilienbereich, hat ihren Sitz in Salzburg hat und verfügt über ein Netzwerk an Büros in fast allen Ländern Europas. Die Franchisegeberin mit Sitz in Deutschland, besitzt ebenfalls Standorte in den Niederlanden.

Ein Mitarbeiter der Klägerin versuchte den Beklagten in Österreich zu erreichen, um einen Alleinvermittlungsauftrag über das Anwesen in Oberösterreich mit dem Beklagten anzubahnen. Da der Beklagte auf der Festnetznummer in Österreich nicht zu erreichen war, wurde der Mitarbeiter der Klägerin von der Hausverwalterin des Anwesens auf eine niederländische Telefonnummer des Beklagten verwiesen. Nachdem der Mitarbeiter der Klägerin den Beklagten auf dieser Telefonnummer in den Niederlanden erreichen konnte, korrespondierten beide nunmehr über diese Telefonnummer.

Die Klägerin begehrte aus einem behauptetermaßen konkludent zustande gekommenen Maklervertrag mit der in den Niederlanden wohnhaften Partei eine Maklerprovision für die Vermittlung des Guts in der Höhe von € 197.460,00.

Die Klägerin begründete die Zuständigkeit des Erstgerichts auf den Gerichtsstand des Erfüllungsorts gem Art 5 Z 1 lit b EuGVVO (Dienstleitungen) in Österreich, da die Klägerin ihre Dienstleistungen vorwiegend in ihren dortigen Büroräumen erbracht habe und auch Marklerverträge unter Art 5 Z 1 lit b EuGVVO fallen. Zudem sei der Beklagte Alleineigentümer dieses Anwesens gewesen und im öffentlichen Telefonbuch unter dieser Adresse eingetragen. Die Klägerin wendete ebenfalls ein, dass sie über keine Niederlassungen in den Niederlanden verfüge und keine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit dort ausübe.

Lugger | Bankler Rechtsanwälte bestritten die internationale Zuständigkeit vor dem Erstgericht. Der Beklagte sei Verbraucher und die Klägerin ein Unternehmen. Die Klägerin habe ihre Geschäftstätigkeit  auf die Niederlande ausgerichtet. Hat eine Person als Verbraucher einen Vertrag abgeschlossen, der einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person nicht zugerechnet werden kann, bestimmt sich nämlich die internationale Zuständigkeit eines Gerichts nach Art 15 EuGVVO ff. Eine internationale Zuständigkeit eines Gerichts liegt nach Art 15 EuGVVO vor allem dann vor, wenn der andere Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat ausrichtet. Ist dies der Fall, so kann gem Art 16 Abs 2 EuGVVO eine Klage eines Vertragspartners gegen einen Verbraucher nur vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in welchem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.

Das Landesgericht Salzburg verwarf die Einrede der fehlenden inländischen Gerichtsbarkeit und befand sich als zuständig. Das Oberlandesgericht Linz hob die Entscheidung des Landesgerichts Salzburg auf und wies die Klage zurück, wobei es den Revisionsrekurs zuließ. Die Klägerin brachte daraufhin einen Revisionsrekurs vor dem Obersten Gerichtshof ein im Wesentlichen mit der Begründung, dass eine bloße telefonische Kontaktaufnahme nicht als zielgerichtete Werbung interpretiert werden kann und damit der Tatbestand des Ausrichtens nicht erfüllt sei

Lugger | Bankler Rechtsanwälte bejahten im Revisionsrekurs ein Ausrichten auf die Niederlande iSd Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO und argumentierten dies damit, dass alle Formen der Anwerbung als Ausrichten zu werten seien und dies davon unabhängig sei, ob sie an einen allgemeinen Empfängerkreis zB über Radio, Fernsehen, Presse, Kino unterbreitet oder sich aber speziell und gezielt an einen Empfänger richten. Zudem seien „cold callings“ des Verbrauchers, wie sie in diesem Sachverhalt vorliegen, eine der aggressivsten Formen des „Advertisings“ im Gemeinschaftsgebiet und daher jedenfalls vom Schutzzweck des Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO umfasst.

Der Oberste Gerichtshof folgte der Argumentationslinie von Lugger | Bankler Rechtsanwälte und stellte fest, dass unter den Begriff „Ausrichten“ nicht nur eine auf den Wohnsitzstaat gerichtete Werbung fällt sondern, dass vielmehr alle auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichteten absatzfördernden Handlungen als Ausrichten zu qualifizieren sind. In einer früheren Entscheidung bekräftigte der Oberste Gerichtshof, im Zusammenhang mit einer „Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit im Wohnsitzstaat des Verbrauchers“ bereits, dass eine Ausübung schon beim ersten grenzüberschreitenden Verbrauchergeschäft vorliegt (2 Ob 206/04i). Was der Oberste Gerichtshof daher für die erste Alternative des Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO (Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit im Wohnsitzstaat des Verbrauchers) ausgesprochen hat, muss gleichermaßen für die zweite Alternative und damit für das Ausrichten einer solchen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat gelten. Im vorliegenden Fall liegt daher ein Ausrichten der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin iSd Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO auf die Niederlande bereits vor, wenn eine erstmalige telefonische Kontaktaufnahme durch einen Mitarbeiter der Klägerin mit dem Beklagten und damit einem Verbraucher in den Niederlanden, um einen Vermittlungsauftrag anzubahnen, erfolgt ist. Nachdem die Tatbestandsvoraussetzungen des Art 15 Abs 1 lit c EuGVVO erfüllt sind, darf der Beklagte als Verbraucher nur vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.

Ansprechpartner: