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Neuerungen im Erbrecht ab 1. Jänner 2017
Mit 1. Jänner 2017 tritt der Großteil der Regelungen des Erbrechts-Änderungsgesetzes 2015 (ErbRÄG 2015) in Kraft. Die neuen Regelungen sind auf alle Todesfälle ab dem 1. Jänner 2017 anzuwenden (§ 1503 Abs 7 ABGB).
Die neuen Regelungen bringen unter anderem folgende Änderungen:
Pflichtteilsberechtigte Personen
Eltern und weitere Vorfahren verlieren ihre Pflichtteilsberechtigung. Ab 1.Jänner 2017 haben nur noch die Nachkommen und der Ehegatte/eingetragene Partner des Verstorbenen einen Anspruch auf den Pflichtteil. Als Pflichtteil steht ihnen (wie bisher) die Hälfte der gesetzlichen Erbquote zu. Neu ist, dass der Pflichtteil erst ein Jahr nach dem Tod des Verstorbenen eingefordert werden kann.
Stundung des Pflichtteils
Eine weitere Änderung stellt die neue Möglichkeit der Stundung oder Ratenzahlung dar. Zum einen kann in der letztwilligen Verfügung angeordnet werden, dass der Pflichtteil über einen Zeitraum von maximal fünf Jahren ab dem Tod zu stunden oder in Raten zu entrichten ist. Aus besonderen Gründen kann dieser Zeitraum durch das Gericht auf zehn Jahre verlängert werden. Der Pflichtteilsberechtigte kann früher Zahlung verlangen, wenn eine Interessenabwägung zwischen Gläubiger und Schuldner eine unbillige Härte zu seinen Lasten aufzeigt. Dem Pflichtteilsberechtigten stehen in jedem Fall ab dem Todestag die gesetzlichen Zinsen in der Höhe von 4% pro Jahr zu.
Erweiterung der Enterbungsgründe
Neu ist, dass auch Straftaten gegen nahe Angehörige, grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis sowie die Zufügung schweren seelischen Leides pönalisiert werden.
Pflichtteilsberechnung
Neu ist auch, dass alle Formen unentgeltlicher Zuwendungen unter Lebenden vereinheitlicht werden. Die bisherige Unterscheidung zwischen Schenkungen, Vorempfängen und Vorschüssen wird also beseitigt. Das Gesetz unterscheidet Anrechnung und Hinzurechnung. Zuwendungen sind der Verlassenschaft zur Berechnung der Pflichtteile hinzuzurechnen, durch die Anrechnung vermindert sich der jeweilige Pflichtteil des Zuwendungsempfängers.
Die Hinzu-und Anrechnungspflicht hängt weiterhin davon ab, ob die Zuwendung an eine pflichtteilsberechtigte Person oder an eine andere Person erfolgt ist.
Schenkungen sind nunmehr zum Schenkungszeitpunkt zu bewerten, wobei anschließend eine Aufwertung mit dem Verbraucherpreisindex auf den Todeszeitpunkt vorzunehmen ist.
Pflichtteilsminderung
Nunmehr reicht ein fehlendes Naheverhältnis über einen längeren Zeitraum vor dem Tod (mindestens 20 Jahre) aus. Die Pflichtteilsminderung ist ausgeschlossen, sofern der Verstorbene den Kontakt grundlos gemieden oder berechtigten Anlass für fehlende Kontakte gegeben hat (die neuen gesetzlichen Bestimmungen enthalten diesbezüglich eine klare Formulierung).
Außerordentliches Erbrecht für Lebensgefährten
Nach der bisherigen Rechtslage haben Lebensgefährten keine Erbansprüche. Ab 1. Jänner 2017 kommt Lebensgefährten bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein außerordentliches Erbrecht zu: Gibt es keine gesetzlichen Erben oder per Testament eingesetzte Erben, erbt der Lebensgefährte oder die Lebensgefährtin, sofern er mit dem Verstorbenen zumindest in den letzten 3 Jahren vor seinem Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und der Verstorbene zu seinem Todeszeitpunkt weder verheiratet war noch in einer eingetragenen Partnerschaft gelebt hat.
Pflegevermächtnis
Erstmals wird ein Anspruch auf Abgeltung der Pflege des Erblassers durch Angehörige eingeführt. Wenn die Pflegeleistungen am Erblasser in den letzten drei Jahren vor seinem Tod mindestens sechs Monate in nicht bloß geringfügigem Ausmaß (ab durchschnittlich mehr als zwanzig Stunden im Monat) und unentgeltlich erbracht wurden, gebührt der pflegenden Person ein gesetzliches Pflegevermächtnis. Dass die Leistungen im Rahmen einer familienrechtlichen Beistandspflicht erbracht wurden, schadet dabei nicht.
Formvorschriften Testament
Beim fremdhändigen Testament (ein Testament, das nicht vom Erblasser eigenhändig geschrieben wurde, sondern am Computer, der Schreibmaschine, etc.) sind die Anforderungen strenger geworden: Bei Errichtung solch eines Testaments muss die Unterschrift mit einem handschriftlichen Zusatz (zB: „Das ist mein letzter Wille.“) bekräftigt werden (nuncupatio). Weiters müssen bei Unterfertigung und Bekräftigung drei Zeugen gleichzeitig und ununterbrochen anwesend sein. Die Identität der Zeugen muss aus der Urkunde hervorgehen und müssen die Zeugen mit einem eigenhändig geschriebenen Zeugenzusatz unterschreiben.
Die Befangenheitsregeln für Testamentszeugen werden erweitert. Lebensgefährten, Vorsorgebevollmächtigte und Machthaber von Bedachten scheiden als Zeugen aus. Auch der Ehegatte/eingetragener Partner/Lebensgefährte des Bedachten ist zeugnisunfähig.
Neu ist auch, dass beim Nottestament nun ausnahmsweise auch mündige Minderjährige als Testamentszeugen zugelassen sind.
Automatische Aufhebung von Testamenten durch Scheidung
Ab 1. Jänner 2017 werden Testamente, die zugunsten des früheren Ehegatten/eingetragenen Partners oder des Lebensgefährten errichtet wurden, durch die rechtskräftige Scheidung/Auflösung der eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft automatisch aufgehoben. Entsprechendes gilt für die Aufhebung der Abstammung oder Adoption. Möchte der Erblasser hingegen die Aufrechterhaltung des Testamentes, so kann er letztwillig ausdrücklich das Gegenteil vorsehen.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.