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Privatkonkurs NEU – eine erste Bilanz
Mit Stichtag 1. November 2017 wurde der Privatkonkurs in Österreich aufgrund des beschlossenen Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2017 neu geregelt. Insbesondere kam es zu folgenden Änderungen:
- Erleichterungen bei der Entschuldung
- Erstellung eines EU-weiten einheitliches Insolvenzregisters
- Anpassung der Entlohnung des Insolvenzverwalters
- Verfahrensvereinfachungen (bei Zustellungen an Gesellschaften ohne gesetzlichen Vertreter)
- erhöhte Rechtssicherheit (öffentliche Bekanntmachung von Beschlüssen über die Ablehnung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person wegen Vermögenslosigkeit)
Entschuldung - Änderungen
Vor allem die Entschuldung wurde im Rahmen des Privatkonkurses für Betroffene erheblich erleichtert. Bisher mussten auch Schuldner, die kein pfändbares Einkommen hatten, versuchen, einen Zahlungsplan auszuhandeln. Dieses Erfordernis besteht nun nicht mehr, es kann sofort das Abschöpfungsverfahren durchgeführt werden. Der Schuldner kann hierbei auch ohne Zustimmung der Gläubiger seine Schulden tilgen. Jegliches Einkommen, welches das Existenzminimum übersteigt, muss jedoch an die Gläubiger abgeführt werden. Ist der Schuldner arbeitslos, muss dieser nachweisen, dass er sich zumindest um eine Anstellung ernsthaft bemüht.
Während gemäß alter Rechtslage das Abschöpfungsverfahren an eine lange „Wohlverhaltensperiode“ von 7 Jahren sowie der Erreichung einer Mindestquote zur Tilgung der Verbindlichkeiten gebunden war (in der Regel 10%), wurde die Frist nunmehr auf 5 Jahre reduziert. Zudem muss bei dem Begleichen der Schulden keine Mindestquote mehr erfüllt werden.
Privatkonkurs in Zahlen
Die Erleichterungen zur Durchführung eines Privatkonkurses schlagen sich auch in den Zahlen nieder. Seit In-Kraft-Treten der Änderungen zum Privatkonkurs haben mehr als 10.000 Privatpersonen in Österreich Insolvenz angemeldet. Umgerechnet beantragten somit pro Woche rund 195 Menschen Privatkonkurs. Im Vergleich zum Vorjahr stellt dies einen Anstieg von über 50 % dar. Spitzenreiter in Sachen Privatinsolvenz ist weiterhin Wien, in dem rund ein Drittel aller Privatkonkurse abgewickelt wurde. Den höchsten Anstieg bei Privatinsolvenzen hat das Burgenland mit einer Steigerung von 150 % zu verzeichnen. Positives Schlussschlicht bildet Salzburg, welches einen Zuwachs von 25 % im Vergleich zum Vorjahr aufweist.
Auch hinsichtlich der Gesamtschulden wurde im Jahr 2017/2018 ein negativer Spitzenwert erreicht. Den rund 10.000 durchgeführten Schuldenregulierungsverfahren werden Verbindlichkeiten in der Höhe von € 1,6 Milliarden zu Grunde gelegt. Die durchschnittliche Verschuldung der Schuldner belief sich daher auf rund € 167.000 Euro. Beachtlich ist, dass rund zwei Drittel der Schuldner männlich sind und diese sogar eine Durchschnittsverschuldung in der Höhe von rund € 208.000 erreichten.
Resultat und Ausblick
Speziell für einkommensschwache Schuldner mit geringen Verbindlichkeiten sowie ehemalige Unternehmer mit hohen Verbindlichkeiten aus der gescheiteren Selbstständigkeit stellt das neue Insolvenzrecht ein Instrumentarium dar, um zu einer Entschuldung zu kommen.
Trotz der neuen rechtlichen Möglichkeit eines Null-Prozent-Abschöpfungsverfahrens bieten fast alle Schuldner mit nicht pfändbarem Einkommen dennoch Zahlungspläne mit Quoten an, sodass eine Abschöpfung ohne teilweise Tilgung in der Praxis bislang keine Anwendung findet.
Im Ergebnis haben Gläubiger dennoch mehr denn je darauf zu achten, mit welchen Vertragspartnern sie kontrahieren. Im Falle des Zahlungsverzuges ist essentiell, eine schnelle und effiziente Betreibung der offenen Forderungen zu erwirken.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Quelle: APA/AKV